Torsten Renz: Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben
Deswegen waren die Maßnahmen, so hart sie auch waren, von einer großen Akzeptanz getragen. Und es macht mich sprachlos, wenn neuerdings so getan wird, als sei das Ausbleiben der Katastrophe der Beweis für die Überflüssigkeit der Maßnahmen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Katastrophe konnte abgewendet werden, weil Bund und Länder gehandelt haben. Hinzu kommt: Wir haben für den Kampf gegen diese Form der Pandemie keine Blaupause. Auch Naturwissenschaftler arbeiten mit Wahrscheinlichkeiten, Vorhersagen sind deshalb nur schwer möglich. Beachtet man die Datenlage, mit der Wissenschaft und Politik arbeiten mussten, stelle ich fest, dass unser Krisenmanagement ziemlich eindeutig zum Besten der Welt gehört.
Trotzdem hätte ich mir mitunter eine klarere Schrittfolge bei den nun beschlossenen Lockerungen gewünscht: Eine Verordnung, die fast das gesamte Leben regelt, alle 48 Stunden zu verändern, trägt weder dazu bei, die Maßnahmen zu verinnerlichen, noch ist so ein Verfahren geeignet, Vertrauen aufzubauen.
Der größte Handlungsbedarf nach der Pandemie besteht aus meiner Sicht ganz klar an den Schulen. Ich halte den Präsenzunterricht und das unterrichten im Klassenverbund für den besten Rahmen, um Wissen zu vermitteln. Trotzdem lehrt die Pandemie, dass wir flexibler sein könnten, wenn wir wollten. Bislang hatte kein Bildungspolitiker wirklich Lust auf das Thema E-Learning. Das muss sich ändern und zwar schon kurzfristig. Denn wir alle wissen nicht, ob wir im Herbst erneut das Land herunterfahren müssen - falls das so sein sollte, müssen unsere Schulen bis dahin auf diese Situation vorbereitet werden. Einen Mangel an Schulbildung dürfen wir nicht zulassen.“